„Leicht-sinnlich“ – was für ein leicht-sinniges
Wort. Es geht um Sinnlichkeit, Zärtlichkeit, Sexualität
in der Paarbeziehung – aber ist das immer
„leicht“? Fällt es euch leicht, in eurer Beziehung
darüber zu sprechen, was ihr euch an
Sinnlichkeit, an Zärtlichkeit wünscht, was euch
gefällt, was ihr gerne mehr oder auch weniger
hättet oder mal ausprobieren möchtet?
Es fängt schon damit an, dass jeder Mensch individuelle
Bedürfnisse hat, auch sexuelle. Diese
stimmen nicht automatisch überein, weil zwei
Menschen sich lieben. Also liegt es nahe, sich
darüber auszutauschen und selbst zu entdecken,
was ich an körperlicher Zweisamkeit mag,
was mir gefällt und was nicht. Das sexuelle Erleben
ist durchaus Stimmungen und Veränderungen
unterworfen. Das bedeutet, dass der
Austausch über unsere Formen der Zweisamkeit
nicht nur einmalig, sondern immer wieder
wichtig und spannend ist. Er kann sogar selbst
sinnliche Erfahrung sein.
Die Liebe hat unterschiedliche Ausdrucksweisen, die der Paartherapeut Gary Chapman Sprachen nennt. Die Zärtlichkeit ist eine davon. Nicht jede:r beherrscht jede Sprache gleich gut. So kann es zu Missverständnissen kommen, die für Euer Miteinander als Paar eine Herausforderung sein können.
Sinnlichkeit, Zärtlichkeit meinen aber nicht nur
die sexuelle Begegnung. Mindestens genauso
wichtig ist die Zärtlichkeit im Alltag. Blicke,
Gesten, Worte, Berührungen, Aufmerksamkeiten
können Ausdruck meiner Zuneigung sein,
meine Liebe ausdrücken, mit Sinnlichkeit den
Alltag bereichern. Dabei gilt immer, dass „Liebe
respektvolle Zärtlichkeit ist“ (AL 283), was bedeutet,
dass sie meine:n Partner:in nicht überfordert,
bedrängt oder vereinnahmt.
Ob wir wollen oder nicht, uns beeinflussen auch
Bilder von außen, wie wir Körperlichkeit wahrnehmen.
Wie wurde in meiner Ursprungsfamilie
mit Körperlichkeit umgegangen? Wie habe
ich als Heranwachsende:r Sexualität erfahren?
Wie sehr beeinflussen mich angeblich „normale“
Begegnungen von Paaren in Filmen, die doch
allzu oft Stereotype von „perfektem“ Sex „perfekter“
Körper vermitteln – und die doch meilenweit
von jeder Realität entfernt sind?
Dabei gibt es keine allgemeingültigen Normen
für das Erleben von Gefühlen, schon gar nicht im
Bereich der Sexualität. Sich in seiner individuellen
Körperlichkeit und Gefühlswelt heimisch und
wohl zu fühlen, ist ein guter Anfang für positive
Sinnlichkeitserfahrungen in der Partnerschaft.
Genug geredet, kommen wir zu den Anregungen für den Alltag. Viele Freude beim Ausprobieren!
Georg Kalkum
| Leib-Ritual Beide erinnern einander staunend-dankbar,
dass wir keinen Leib haben, sondern Leib sind.
Wir feiern miteinander dieses Gottesgeschenk,
wenn wir uns konkret mit den Fingerspitzen begegnen. Der Partner legt sich mit dem Rücken nackt
auf eine Matte/Wolldecke auf den Boden. Er
schließt seine Augen und nimmt sein Einatmen
und Ausatmen wahr. Bei jedem Ausatmen legt
er die Auflageflächen seines Körpers noch bewusster
auf den Boden als Ausdruck des Abgebens
von Druck, von Belastungen und als Erinnerung
immer schon getragen zu sein. Die Partnerin setzt sich, auch nackt, bequem
neben den liegenden Partner. Sie achtet auch
auf ihren Atemfluss. Sie sorgt für sich und ihr
Wohlbefinden, denn nur so kann sie dem Partner
entspannt begegnen. Die Gebende berührt den Partner ganz, ganz
langsam, im Zeitlupentempo, von Kopf bis Fuß
mit ihren Fingerspitzen. Zu Beginn legt sie beide
Hände für einen längeren Moment auf den
Kopf des Partners, danach beginnt sie ihn mit
ihren Fingerspitzen sanft zu berühren, wie eine
Brise eines leichten Sommerwindes: Sie beginnt
bei der Stirn und gleitet sanft und locker über
das Gesicht, den Hals, die Schultern, die Arme,
die Brust, die Herzgegend, den Bauch, das Geschlechtsorgan,
die Oberschenkel, die Knie, die
Unterschenkel, die Füße. Als Ausklang legt sie die Hände auf das Herz
des Partners und spricht dem Partner ein Segenswort
zu, z.B.: „Dein Leib ist ein Kunstwerk
Gottes.“ Oder ein Wort der Freude oder Dankbarkeit. Danach wird gewechselt.
Zum Abschluss tauschen sich die Partner aus,
was gut tut, was ungewohnt, unangenehm ist,
was berührend nachwirkt. Abgewandelt aus Pierre Stutz - Deine Küsse
verzaubern mich |
| Alternative zum Leib-Ritual Findet eine bequeme Position, in der eine Gesichtsmassage entspannt möglich ist. Die Empfangende schließt die Augen, der Gebende wärmt die Hände vor, zum Beispiel durch Aneinanderreiben , benetzt sie mit ein wenig Körperöl und beginnt dann mit einer Kontaktaufnahme durch ein leichtes Streichen über das ganze Gesicht. Dabei die ganzen Handinnenflächen benutzen. Im Anschluss ganz, ganz sanft und vorsichtig die Finger durch die einzelnen Gesichtspartien führen:
Die Massage wird beendet mit einem leichten
Streichen über das ganze Gesicht, vom Kinn aus
hoch über den Schädel und die Haare. Danach
tauschen. Erzählt euch von euren Empfindungen. |
Unsere Haut berührt sich zur intimen Sinnlichkeit
unsere Haut weckt unseren Wunsch nach Dasein
unsere Haut stillt unsere Sehnsucht nach Geborgenheit
Unsere Haut bewegt unser Seelenfünklein
unsere Haut stimmt unsere Lebensmelodie
an
unsere Haut lässt uns präsent-selbstvergessen sein
Unsere Haut ist voller Lebenskraft
voller Verletzlichkeit
voller Lust
sie legt unsere Sehnsucht
nach Ewigkeit frei
Pierre Stutz
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