Brief 5

Liebes Paar,

„Moment, wo ist die denn jetzt hingerollt? Mist, Hilfe … aaah … dahin! [unsicherer Blick] So, was liegt denn jetzt oben? Kopf!“ Zugegeben – ich habe mich schon mal souveräner verhalten, als es um einen Münzwurf ging. Aber an diesem hing etwas mehr als die Entscheidung, ob es in die Berge oder ans Meer geht, oder welche Mannschaft den Anstoß bekommt. Mit dem „Kopf“ stand fest: mein Bruder wird seinen Nachnamen abgeben, wenn er seine Freundin heiratet. Das hatten die beiden sich so überlegt. Über Wochen waren das Für und Wider auf den Tisch gelegt worden. Aber welches Argument wiegt hier schwerer? Buchstabierbarkeit? Seltenheit? Geschwisteranzahl? ...? Nach endlosen Diskussionen hatten die beiden entschieden, dass die Münze entscheidet. Und ich durfte sie werfen.

In einer Beziehung miteinander Entscheidungen zu treffen, ist manchmal eine Herausforderung. Die gern genutzten Pro-Contra-Listen sind ein guter erster Schritt: Aber welches Argument wiegt wieviel? Als meine Partnerin und ich von Münster nach Köln gezogen sind, gab es emotionale Argumente (Umfeld, Liebe zur Stadt), aber auch rationale (richtiger Zeitpunkt, mögliche Perspektiven) oder praktische (Anfahrt zur Arbeit, Kosten). Wie sollten wir das miteinander verrechnen? Kennt jemand den Wechselkurs für diese verschiedenen Währungen? Gewinnt am Ende das Gefühl – oder der Verstand?

Klingt kompliziert – und so assoziieren nicht wenige Paare große Entscheidungen mit Anstrengung, Mühe oder Streit. Aber, um einen Song von „Wir sind Helden“ zu zitieren, „Ist das so, ich meine muss das so? Ist das so, oder ist es vielleicht viel leichter?“:

Kopfgefühl und Bauchverstand (kein Tippfehler!)

Nur – wie können diese Teamplayer gut zusammenarbeiten? Ordensgründer Ignatius von Loyola hat ein Konzept entwickelt, in dem sich noch heute kirchliche Mitarbeitende wie Manager:innen schulen lassen: Erst tut ihr drei Tage so als hättet ihr euch für die erste Option entschieden. Ihr verhaltet euch so und notiert immer wieder, wie es sich anfühlt, welche Gedanken entstehen und welche Träume ihr habt. Es folgen drei weitere Tage, in denen das gleiche mit der zweiten Option vollzogen wird. Dann werden die Notizen nebeneinandergelegt, und der Verstand entscheidet auf Basis der Gefühle – Kopf und Bauch, Verstand und Gefühl, Hirn und Herz … brauchen einander einfach!

Das Ringen um die „richtige“ Entscheidung in einer Partnerschaft empfinde ich übrigens als gutes Zeichen: ihr selbst und eure Beziehung sind euch so wichtig, dass ihr die Dinge gut abklären wollt, bevor ihr entscheidet – was für eine Wertschätzung!

Geht es auch leichter?

Die Ideen von Ignatius von Loyola sind eine Möglichkeit. Manchmal kann es auch völlig in Ordnung sein, eine Entscheidung aus der Hand zu geben, wenn es für beide passend ist: Mein Bruder und meine Schwägerin haben ihre Entscheidung an den Zufall abgegeben. Oder vielleicht ist es an anderer Stelle auch viel leichter, erst einmal mit der Unentschiedenheit zu leben und sich zu vertagen. Dass die berühmte „Nacht drüber schlafen“ dabei hilft, eine gute Entscheidung zu finden, ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt. Im Schlaf verknüpft unser Gehirn gewonnene Informationen. Zur Not sind auch mehrere Nächte erlaubt …

David Walbelder

Impuls

| Überlegt mit Blick auf eure Beziehung: 

  • Welche Entscheidungen stehen bei euch an?
  • Wie möchtet ihr sie treffen (Münze, Ignatius, Pro-Contra-Liste, …)?
  • Welche Kriterien spielen bei euren Entscheidungen eine Rolle?
  • Welche sind euch ganz leichtgefallen? Was hat sie leicht gemacht?
  • Was kann eure Partnerin oder euer Partner Hilfreiches tun, wenn für euch als einzelne Person eine wichtige Entscheidung ansteht?

Die vielleicht viel leichteren Entscheidungen

Unter www.7wochenleichter.de/entwederoder findet ihr Entweder-Oder-Fragen. Hier muss sich immer abwechselnd eine:r von euch entscheiden. Allerdings eher spielerisch und vielleicht mit einem Getränk in der Hand.

Gebet / Segen


Schönheit der Chance

Ich habe mich für dich entschieden,
dich habe ich gewählt.
Und du?
Du mich auch!
Nur weil diese Entscheidung steht,
gibt es die anderen, die wir fällen.

Und vielleicht sind die unser Privileg.
Nicht immer leicht, aber manchmal
Viel(-)leichter als gedacht.

Wie schön der Gedanke,
dass da eine:r mitfiebert:

Beim Diskutieren und Hadern,
Beim Kopfschütteln und Nicken,
Beim Genau-Hin
und auch beim Drüber-hinweg-Schauen

Und sich manchmal denkt:
„Ganz schön kompliziert …
‚schön‘
kompliziert!“

Erst später zur Aktion dazu gestoßen? Hier sind die bisherigen Briefe: Brief 1 | Brief 2 | Brief 3 | Brief 4 |

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